Das Ordnungswidrigkeitenrecht gehört systematisch zum Strafrecht. Auch im Falle von Ordnungswidrigkeiten geht es ganz allgemein darum, dass der Staat die Verletzung von Rechtsvorschriften ahndet. Allerdings handelt es sich bei Ordnungswidrigkeiten um weniger gravierende Rechtsverstöße, die weder mit Kriminalstrafen wie Geld- oder Freiheitsstrafen geahndet werden noch Maßregeln der Besserung und Sicherung nach sich ziehen. Es geht vielmehr um weniger schwerwiegende Rechtsverletzungen, die von Verwaltungsbehörden mit Geldbußen belegt werden können.
Besondere praktische Bedeutung kommt im Ordnungswidrigkeitenrecht den Straßenverkehrs-Ordnungswidrigkeiten zu. Im Falle von Verkehrsordnungswidrigkeiten – vor allem bei Verstößen gegen Vorschiften des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) – kann die Behörde neben Bußgeldern u. a. auch „Punkte in Flensburg“ oder Fahrverbote als Nebenfolge verhängen.
Aber beispielsweise auch Verstöße gegen OWi-Vorschriften in der Abgabenordnung (AO), im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), im Aufenthaltsgesetz (AufenthG), im Baugesetzbuch (BauGB), im Gaststättengesetz (GastG), in der Gewerbeordnung (GewO), im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) oder im Waffengesetz (WaffG) können mit teils drastischen Geldbußen belegt werden.
Bußgeldverfahren
Das Ordnungswidrigkeitenverfahren beginnt als behördliches Bußgeldverfahren und wird eingeleitet, wenn die zuständige Verwaltungsbehörde – z. B. Verkehrsüberwachung etc. – tatsächliche Anhaltspunkte dafür hat, dass eine Ordnungswidrigkeit begangen wurde (Alkoholfahrt, Parkverstoß, Geschwindigkeitsüberschreitung, Abstandsverstoß, „Handy am Steuer“ etc.).
Das Verfahren bei der Verwaltungsbehörde dient der Klärung eines konkreten Tatverdachts und entspricht dem strafprozessualen Ermittlungsverfahren.
Geringfügige Verstöße im Bagatellbereich (Falschparken etc.) werden in aller Regel mit einer Verwarnung ohne oder mit Verwarnungsgeld (regelmäßig maximal 55 Euro) geahndet („Knöllchen“). Verweigert man sein Einverständnis mit der Verwarnung oder zahlt man das Verwarnungsgeld nicht, ist die Verwarnung unwirksam und das Verwarnungsverfahren beendet. Die Verwaltungsbehörde kann dann entweder einen Bußgeldbescheid erlassen oder das Verfahren nach § 47 OWiG einstellen.
Der Bußgeldbescheid darf nur erlassen werden, wenn kein Verfahrenshindernis vorliegt und wenn der Sachverhalt genügend aufgeklärt ist. Die Ahndung muss darüber hinaus auch geboten sein. Nicht zuletzt muss die Behörde dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Das geschieht regelmäßig durch Übersendung eines sog. Anhörungsbogens.
Im Anhörungsbogen, der nicht zwingend an die Behörde zurückzusenden ist, sind vom Betroffenen zumindest korrekte Angaben zu seinen Personalien zu machen. Zum Tatvorwurf muss man sich allerdings nicht äußern. Auch hier gilt das „Recht zu Schweigen“.
Erlässt die Behörde einen Bußgeldbescheid, kann der Betroffene die Geldbuße zahlen und – falls verhängt – auch die weiteren Rechtsfolgen akzeptieren. Damit ist das Verfahren beendet.
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Einspruch gegen Bußgeldbescheid
Ist man mit dem Bußgeldbescheid im Hinblick auf den Tatvorwurf und/oder die Rechtsfolgen nicht einverstanden, kann man innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der den Bescheid erlassenden Verwaltungsbehörde Einspruch einlegen. Der Einspruch kann und sollte – muss aber nicht – begründet werden. Es ist im Übrigen auch möglich, den Einspruch auf bestimmte Beschwerdepunkte wie z. B. die Höhe der Geldbuße oder den gesamten Rechtsfolgenausspruch zu beschränken.
Ob sich ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid lohnt, ist allerdings sehr stark vom Einzelfall abhängig. So kann sich der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid im Verkehrsrecht insbesondere für einen Berufskraftfahrer lohnen, wenn z. B. ein Fahrverbot droht oder wegen eines bereits „strapazierten“ Punkte-Kontos in Flensburg, dem sog. Fahreignungsregister (früher: Verkehrszentralregister), eine Fahrerlaubnisentziehung in Betracht kommt – auch wenn es im konkreten Fall vermeintlich nur um eine Kleinigkeit geht.
Legt man Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid ein – ganz gleich ob etwa im Verkehrsrecht, Baurecht, Gewerberecht, Gaststättenrecht oder Waffenrecht – prüft die Behörde, ob der Einspruch form- und fristgerecht eingelegt wurde und ob sie den Bescheid zurücknimmt oder aufrechterhält. Verwirft die Verwaltungsbehörde den Einspruch als unzulässig, kann dagegen die gerichtliche Entscheidung beantragt werden (§ 62 Abs. 1 Satz 1 OWiG).
Nimmt die Behörde – ggf. auch nach weiteren Ermittlungen – den Bescheid nicht zurück, übersendet sie die Akten an die Staatsanwaltschaft, die ihrerseits prüft, ob der Sachverhalt genügend aufgeklärt ist. Ist die Sache entscheidungsreif und soll das Verfahren weiter betrieben werden, übersendet die Staatsanwaltschaft die Akten an das Amtsgericht.
Ist der Einspruch zulässig, beraumt das Amtsgericht meist einen Hauptverhandlungstermin an, der grundsätzlich mit einem Urteil endet (§ 71 OWiG). Möglich ist unter bestimmten Voraussetzungen allerdings auch eine Entscheidung im Beschlussverfahren ohne Hauptverhandlung (§ 72 Abs. 1 OWiG), wenn Staatsanwaltschaft und Betroffener dem nicht widersprechen.
Ob gegen das gerichtliche Urteil die Einlegung einer Rechtsbeschwerde (§§ 79 f. OWiG) zum Oberlandesgericht möglich und sinnvoll ist, ist ebenfalls sehr vom Einzelfall abhängig und sollte von einem Rechtsanwalt geprüft werden.
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Beispiele Ordnungswidrigkeiten im Verkehrsrecht
Die meisten Bußgeldbescheide werden im Bereich des Straßenverkehrsrechts erlassen. Nachfolgend finden Sie einige der bekanntesten und am häufigsten mit einer Geldbuße geahndeten Ordnungswidrigkeiten im Verkehrsrecht:
- Alkoholfahrt / Drogenfahrt
- Abgefahrene Reifen
- Abstandsunterschreitung
- Behinderung von Einsatzkräften („Gaffer“)
- Rotlichtverstoß („bei Rot gefahren“)
- Fahren ohne Umweltplakette
- Geschwindigkeitsüberschreitung
- Handy am Steuer
- Nichtbildung einer Rettungsgasse
- Parkverstöße
- Überladung
- Verletzung von Lenkzeiten / Ruhezeiten
- Verletzung Fahrverbot Sonntag / Feiertag
- Vorfahrtsverletzung
- Verstoß gegen Anschnallpflicht / Helmpflicht