Besprechung eines Informationsblatts - bildlich für wichtige Informationen im Strafrecht

Wichtige Informationen

Ob als Beschuldigter, Zeuge, Opfer einer Straftat oder dessen Angehöriger: Wer mit einem Strafverfahren konfrontiert ist, weiß meistens nicht, was auf ihn zukommt. Dabei ist es für alle Personen, die direkt oder indirekt von einem Strafverfahren betroffen sind, wichtig zu wissen, wie ein solches Verfahren abläuft und wie man sich optimal verhält.

Als Rechtsanwalt für Strafrecht und Strafverteidiger gebe ich Ihnen deshalb nachfolgend einige grundlegende Informationen zum Ablauf eines Strafverfahrens sowie den Rechten und Pflichten in einem solchen Verfahren und teile Ihnen darüber hinaus wichtige Verhaltensregeln mit.

Benötigen Sie die Unterstützung von einem Rechtsanwalt für Strafrecht als Strafverteidiger, Zeugenbeistand oder Opferanwalt? Kontaktieren Sie mich gerne in Mannheim unter +49 (0)621/637 487 87

Ablauf des Strafverfahrens

Der Ablauf des Strafverfahrens ist hauptsächlich in der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Strafprozessuale Vorschriften finden sich daneben aber auch in zahlreichen anderen Gesetzen wie dem Grundgesetz (GG), dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) und dem Strafgesetzbuch (StGB).

Das Strafverfahren lässt sich in zwei große Abschnitte gliedern: das Erkenntnisverfahren (unterteilt in Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren und Hauptverfahren) und das Vollstreckungsverfahren.

Liegt der Anfangsverdacht (§ 152 Abs. 2 StPO) einer Straftat vor, wird das Strafverfahren mit dem von der Staatsanwaltschaft geleiteten Ermittlungsverfahren eröffnet und Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet. Es kann zu Vernehmungen von Zeugen und Tatverdächtigen kommen, aber auch zu Zwangsmaßnahmen wie Wohnungsdurchsuchungen, Beschlagnahmen, körperlichen Untersuchungen, molekulargenetischen Untersuchungen („DNA-Analyse“) und/oder Abhörmaßnahmen, um mögliche Beweise – belastende wie auch entlastende – für eine Straftat zusammenzutragen. Im Ermittlungsverfahren tritt in der Regel die (Kriminal-)Polizei gegenüber Tatverdächtigen und Zeugen auf.

Verdichtet sich im Ermittlungsverfahren der Anfangsverdacht zu einem hinreichenden Tatverdacht (§ 203 StPO), wird durch die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben oder auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Amtsgericht ein Strafbefehl erlassen. Andernfalls wird das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts bzw. mangels öffentlichen Interesses (§ 170 Abs. 2 StPO) oder aus Opportunitätsgründen (§§ 153 ff. StPO) von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Das Zwischenverfahren (§§ 199-211 StPO) wird von der Staatsanwaltschaft durch die Erhebung der öffentlichen Klage bei dem für die Hauptverhandlung zuständigen Gericht eingeleitet. Das Gericht prüft nun, ob hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten, der in diesem Verfahrensstadium als Angeschuldigter bezeichnet wird, tatsächlich besteht.

Der Angeschuldigte erhält nun die Anklageschrift zugestellt mit der Gelegenheit, innerhalb einer bestimmten Frist Beweisanträge und Einwände vorzubringen. Allerdings bedeutet das nicht, dass es automatisch zu einem Hauptverfahren einschließlich Gerichtsverhandlung kommt. Denn dem Gericht stehen nach Prüfung der Anklage vier unterschiedliche Handlungsoptionen zur Verfügung:

  1. Es lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens ab (§ 204 StPO).
  2. Es eröffnet das Hauptverfahren (§ 203 StPO).
  3. Das Verfahren wird vorläufig eingestellt (§ 205 StPO).
  4. Das Verfahren wird in den Fällen der §§ 153 ff. StPO aus Opportunitätsgründen mit Zustimmung von Staatsanwaltschaft und Angeschuldigtem eingestellt.

Auch im Zwischenverfahren kann ein Strafverteidiger noch erheblichen Einfluss auf das Verfahren nehmen und ggf. eine Einstellung bewirken, wenn z. B. Verfahrensfehler gemacht wurden. Ebenso ist es hier noch möglich, eine Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen zu erreichen.

Lässt das Gericht die Anklage der Staatsanwaltschaft zu, eröffnet es das Hauptverfahren (§§ 212 ff. StPO), das sich in Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung untergliedert. Je nach Tatvorwurf, Beweislage und Anzahl der Beschuldigten, die in diesem Verfahrensabschnitt als Angeklagte bezeichnet werden, kann es nun zu einer kurzen Hauptverhandlung kommen. Vor allem, wenn der Vorwurf einer schweren Straftat wie Mord oder Totschlag im Raum steht, finden in aller Regel zahlreiche Verhandlungstage über einen längeren Zeitraum – nicht selten Wochen oder sogar Monate – statt.

Grundsätzlich folgt jede Hauptverhandlung in ihrem Ablauf den Vorgaben des § 243 StPO:

  1. Aufruf der Sache
  2. Präsenzfeststellung
  3. Vernehmung des Angeklagten zur Person
  4. Verlesung des Anklagesatzes durch die Staatsanwaltschaft
  5. Mitteilung über eine Verständigung
  6. Belehrung des Angeklagten über sein Schweigerecht
  7. Vernehmung des Angeklagten zur Sache

Je nach Beweislage und Verteidigungsstrategie ist es möglich, das Hauptverfahren mit anwaltlicher Unterstützung zu verkürzen. So kann z. B. ein „Geständnis“ in der Vernehmung des Angeklagten zur Sache nicht nur die zu erwartende Strafe deutlich reduzieren, sondern das Verfahren auch abkürzen. Nach der Vernehmung des Angeklagten zur Sache kommt es zur

  1. Beweisaufnahme (Vernehmung von Zeugen und/oder Sachverständigen, Verlesung von Urkunden etc.) und letztlich zu den
  2. Schlussvorträgen (Plädoyers) der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers einschließlich zusammenfassender Anträge (Verurteilung, Freispruch etc.), denen das „letzte Wort“ des Angeklagten folgt (§ 258 Abs. 2 StPO), zur
  3. geheimen Beratung und Abstimmung des Gerichts, und schließlich zur
  4. Urteilsverkündung sowie
  5. ggf. Rechtsmittelbelehrung.

Dem Hauptverfahren der 1. Instanz kann sich ein Rechtsmittelverfahren anschließen mit dem Ziel, die gerichtliche Entscheidung anzufechten (§§ 296 ff. StPO).

Die Strafprozessordnung kennt drei Rechtsmittel:

– Berufung (§§ 312 ff. StPO)

– Revision (§§ 333 ff. StPO)

– Beschwerde (§§ 304 ff. StPO)

Den Rechtsmitteln ist gemeinsam, dass sie das Verfahren in eine höhere Instanz bringen und – mit Ausnahme der Beschwerde – den Eintritt der Rechtskraft und somit die Vollstreckung verhindern.

Mit der Berufung werden erstinstanzliche Urteile des Amtsgerichts in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht überprüft. Die Berufungsinstanz ist somit eine zweite Tatsacheninstanz, in der auch neue Tatsachen und Beweismittel angeführt werden können.

Die Revision richtet sich gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts und des Oberlandesgerichts sowie gegen Berufungsurteile des Landgerichts. In Form der sog. Sprungrevision (§ 335 StPO) kann sie auch gegen Urteile des Amtsgerichts eingelegt werden.  Die Revision führt allerdings nur zu einer Überprüfung der richtigen Rechtsanwendung.

Die Beschwerde richtet sich gegen Beschlüsse der Gerichte in erster Instanz oder im Berufungsverfahren sowie gegen richterliche Verfügungen und führt zur Überprüfung der Tat- und Rechtsfrage. Zu unterscheiden sind die einfache Beschwerde (§ 304 StPO), die sofortige Beschwerde (§ 311 StPO) und die nur in Ausnahmefällen zulässige weitere Beschwerde (§ 310 StPO).

Wird der Angeklagte rechtskräftig verurteilt, folgt dem Erkenntnisverfahren das von der Staatsanwaltschaft geleitete Vollstreckungsverfahren. Die Strafvollstreckung untergliedert sich in die Strafvollstreckung im engeren Sinn (Einleitung und generelle Überwachung der Urteilsdurchsetzung) und den Strafvollzug (Durchführung des Urteils im Einzelnen, d. h. Vollzug freiheitsentziehender Kriminalsanktionen).

Recht zu Schweigen als Beschuldigter & Zeuge

Das Recht zu Schweigen ist eines der bedeutendsten und wichtigsten Rechte im Strafverfahren – für Tatverdächtige und für Zeugen. Wird man als Tatverdächtiger oder Zeuge über dieses Recht nicht schon vor einer Aussage belehrt, darf diese Aussage im Strafverfahren unter bestimmten Umständen nicht verwertet werden. Das kann im Zweifel entscheidend für den Ausgang eines Strafverfahrens sein.

Das Aussageverweigerungsrecht steht tatverdächtigen Personen zu. Es ist in § 136 StPO geregelt und hat zur Folge, dass ein Beschuldigter die Aussage zum Tatvorwurf vollständig verweigern darf. Aus dem Umstand, dass sich der Beschuldigte generell nicht zu dem Tatvorwurf äußert, dürfen beweisrechtlich keine ihm nachteiligen Schlüsse gezogen werden.

Außerdem können auch bestimmte Zeugen im Strafverfahren aufgrund der potenziellen Konfliktlage, ggf. einen Angehörigen belasten zu müssen, ihre Aussage zur Sache vollständig verweigern. Dieses Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen ist in § 52 StPO geregelt.  Es gilt z. B. für Ehegatten, Eltern, Kinder und Verlobte eines Beschuldigten. Das Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen ergibt sich aus § 53 StPO und dient dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen bestimmten Berufsgruppen (z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Geistliche etc.) und denjenigen, die ihre Hilfe und Sachkunde in Anspruch nehmen.

Außerdem hat ein Zeuge das Recht, auf solche Fragen die Antwort zu verweigern, mit denen er sich selbst oder einen Angehörigen der Gefahr der Strafverfolgung aussetzen würde (Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 55 StPO). Unter Umständen kann dieses Recht sogar zu einem umfassenden, dem Zeugnisverweigerungsrecht gleichstehenden Recht erstarken.

Vorladung

Kommt es zu einer Vorladung im Ermittlungsverfahren, sollten sowohl Beschuldigte als auch Zeugen Vorsicht walten lassen und anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen. Denn nicht jeder Vorladung muss – und sollte! – man Folge leisten.

… als Beschuldigter zur Vernehmung bei der Polizei

Lädt die Polizei eine Person als Beschuldigten vor, muss dieser der Vorladung nicht Folge leisten und auch eine Terminabsage ist nicht notwendig! Bevor nicht ein Rechtsanwalt Akteneinsicht genommen hat, um den aktuellen Stand der Ermittlungen zu erfahren, ist es ratsam, überhaupt nicht mit der Polizei zu kommunizieren.

… als Beschuldigter zu einer Vernehmung beim Ermittlungsrichter oder bei der Staatsanwaltschaft

Wer eine Vorladung als Beschuldigter durch den Ermittlungsrichter oder die Staatsanwaltschaft erhält, muss dieser Vorladung Folge leisten. Andernfalls droht die zwangsweise Vorführung. Der Beschuldigte darf aber – und sollte! – darauf bestehen, von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens begleitet zu werden. Und unabhängig von der anwaltlichen Unterstützung gilt: Beschuldigte haben ein Recht zu Schweigen! Der Vorladung muss man also nachkommen, aussagen zur Sache muss man jedoch nicht!

…. als Zeuge

Zeugen müssen einer Vorladung der Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts Folge leisten. Sie sind zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet, wenn weder ein Zeugnisverweigerungsrecht noch ein Auskunftsverweigerungsrecht besteht. Und auch die Polizei kann Zeugen zum Erscheinen zwingen. Das ist jedoch nur möglich, wenn der polizeilichen Vorladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Ob sich der Zeuge im konkreten Fall auf ein Zeugnisverweigerungsrecht oder Auskunftsverweigerungsrecht berufen kann, sollte ein Rechtsanwalt im Vorfeld prüfen!

Verhaltenstipps bei Durchsuchungen

Meist überraschen Durchsuchungen von Wohnung und/oder Geschäftsräumen die Betroffenen. Umso mehr sollte man in dieser Situation einen kühlen Kopf bewahren. Grundsätzlich gilt es, zum Thema Durchsuchung folgendes zu wissen:

  1. Eine Durchsuchung ist nur zulässig, wenn ein wirksamer richterlicher Beschluss vorliegt. Bei Gefahr im Verzug haben auch Staatsanwaltschaft und Polizei eine Anordnungsbefugnis.
  2. Den Durchsuchungsbeschluss sollte man sich aushändigen lassen und sorgfältig lesen! Er muss noch gültig sein (maximal 6 Monate), den Tatvorwurf benennen und neben dem Durchsuchungszweck auch genau angeben, wo und was gesucht werden soll.
  3. Verteidiger und Zeugenbeistände, ggf. auch Steuerberater, dürfen bei der Durchsuchung anwesend sein und sollten von den Betroffenen noch vor dem eigentlichen Beginn der Durchsuchungsmaßnahme telefonisch kontaktiert werden.
  4. Beschuldigte sollten umfassend von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen!
  5. Niemand muss die Beamten bei der Durchsuchung aktiv unterstützen! Maßvolle Unterstützung kann in Rücksprache mit einem Anwalt jedoch im Einzelfall sinnvoll sein, um Chaos und Zufallsfunde zu verhindern.
  6. Man sollte der Durchsuchung und der Sicherstellung der gesuchten Gegenstände vor Ort ausdrücklich widersprechen.
  7. Werden wichtige (Geschäfts-)Unterlagen beschlagnahmt, muss man diese Unterlagen zuvor kopieren/scannen dürfen.
  8. Zum Abschluss der Durchsuchung sollte man sich unbedingt ein Sicherstellungsverzeichnis bzw. Beschlagnahmeverzeichnis aushändigen lassen.
  9. Keine Aussagen nebenbei machen! Vorsicht bei informellen oder informatorischen Befragungen zwischen Tür und Angel!
  10. Möglichkeit einer Beschwerde (gegen den richterlichen Durchsuchungsbeschluss) oder eines Antrages auf gerichtliche Entscheidung (gegen die Durchsuchungsanordnung wegen Gefahr im Verzug) von einem Rechtsanwalt prüfen lassen!

Verhaftung & Untersuchungshaft

Kommt es zu einer Verhaftung und zur Anordnung von Untersuchungshaft („U-Haft“) wegen des Verdachts einer Straftat, gilt es in erster Linie, einen „kühlen Kopf“ zu bewahren und die richtigen Schritte einzuleiten, um die Situation nicht weiter zu verschärfen.

So gilt es, sich nach einer Verhaftung korrekt zu verhalten. Aber auch wenn die Untersuchungshaft angetreten wurde, gibt es rechtliche Möglichkeiten (z. B. Haftbeschwerde oder Haftprüfung).

Wie verhält man sich nach einer Verhaftung / Festnahme richtig? 

Kommt es zu einer vorläufigen Festnahme oder zu einer Verhaftung aufgrund eines bereits bestehenden Haftbefehls, ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und einige wenige Verhaltensregeln zu befolgen:

  1. Wehren Sie sich nicht körperlich gegen die Verhaftung oder Festnahme – im Ernstfall droht sonst eine Strafanzeige wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB).
  2. Beschimpfen bzw. beleidigen Sie die Polizeibeamten nicht – auch das kann weitere strafrechtliche Folgen haben!
  3. Machen Sie ausschließlich Angaben zu Ihrer Person (reine Personendaten) – dazu sind Sie verpflichtet.
  4. Schweigen Sie zum Rest! Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht als Beschuldigte(r) einer Straftat unbedingt Gebrauch und sagen Sie gar nichts zur Sache! Denn unüberlegte Aussagen können dazu führen, dass Sie sich unbeabsichtigt selbst belasten. Und das kann im weiteren Verlauf des Strafverfahrens nur schwer rückgängig gemacht werden.
  5. Nehmen Sie sofort Kontakt mit einem Strafverteidiger auf bzw. mit einem Angehörigen oder Bekannten, der sich um einen Strafverteidiger für Sie kümmert. Denn nur ein Strafverteidiger bzw. Rechtsanwalt kann Akteneinsicht nehmen, sich darum kümmern, dass Ihre Beschuldigtenrechte von Anfang an gewahrt bleiben und entwickelt von Beginn an eine Verteidigungsstrategie mit Ihnen.

 

Allgemeines zur Untersuchungshaft

Die in den §§ 112 ff. StPO geregelte Untersuchungshaft ist der gravierendste strafjustizielle Eingriff in die Rechte eines Bürgers vor einer rechtskräftigen Verurteilung. Die Untersuchungshaft kann grundsätzlich bis zum Ende eines Strafverfahrens vollzogen werden, wobei Haftsachen in besonderem Maße beschleunigt zu führen sind.

Mit Ausnahme des § 122a StPO, wonach bei dem Haftgrund der „Wiederholungsgefahr“ die Untersuchungshaft nicht länger als ein Jahr aufrechterhalten werden darf, gibt es entgegen verbreiteter Auffassung keine festen zeitlichen Obergrenzen für die Dauer der Untersuchungshaft.

Voraussetzungen der Untersuchungshaft

Die Voraussetzungen der Untersuchungshaft, die nur durch einen richterlichen Haftbefehl angeordnet werden darf, sind gemäß § 112 Abs. 1 StPO:

  • dringender Tatverdacht
  • Haftgrund
  • Verhältnismäßigkeit von Straftat bzw. zu erwartender Strafe und Freiheitsentziehung

Ein „dringender Tatverdacht“ liegt vor, wenn nach dem bisherigen Ermittlungsergebnis eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte als Täter oder Teilnehmer eine Straftat begangen hat.

Die Haftgründe sind abschließend in den §§ 112 Abs. 2 und 3, 112a StPO aufgeführt. Diese sind:

  • Flucht bzw. Verborgenhalten
  • Fluchtgefahr
  • Verdunkelungsgefahr
  • Schwere der Tat
  • Wiederholungsgefahr

Die Untersuchungshaft wird in über 90 % aller Fälle mit dem Vorliegen einer „Fluchtgefahr“ begründet.

Was tun bei Untersuchungshaft? 

Wurde ein Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt und sitzt die betroffene Person nun tatsächlich in Untersuchungshaft, gibt es rechtliche Möglichkeiten, gegen die Untersuchungshaft bzw. den Haftbefehl vorzugehen.

Gegen den Haftbefehl sind die Haftprüfung und Haftbeschwerde als Rechtsmittel möglich.

Die Haftprüfung (§ 117 Abs. 1 StPO bzw. § 117 Abs. 1 StPO i.V.m. §§ 118, 118a StPO) führt dazu, dass der zuständige Richter prüft, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug auszusetzen ist. Bis zur Erhebung der Anklage durch die Staatsanwaltschaft ist das Gericht zuständig, das den Haftbefehl erlassen hat. Mit dem Zugang der Anklageschrift bei dem für die Hauptverhandlung zuständigen Gericht hat nunmehr dieses über den Haftprüfungsantrag zu entscheiden.

Die Haftbeschwerde (§§ 117 Abs. 2, 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StPO) richtet sich entweder unmittelbar gegen den Haftbefehl oder gegen die Entscheidung, die auf eine Haftprüfung oder einen Antrag auf Aufhebung bzw. Außervollzugsetzung des Haftbefehls ergangen ist. Neben einem Antrag auf Haftprüfung ist die Haftbeschwerde unzulässig (Vorrang des Haftprüfungsverfahrens). Nach § 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO kann gegen die auf die Haftbeschwerde hin ergangene Entscheidung noch weitere Beschwerde eingelegt werden.

Die Entscheidung, ob gegen einen Haftbefehl Haftprüfung beantragt oder Haftbeschwerde eingelegt werden soll, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Als Rechtsanwalt für Strafrecht unterstütze ich meine Mandanten bei dieser Entscheidung.